Seit 2016 steht das Gebäude der VHS an der Bergstraße unter Denkmalschutz. Im August 2014 hatte die MBI-Fraktion die Initiative beim Landeskonservator ergriffen und die möglichen Gründe für eine Denkmalwürdigkeit dargestellt. Die Obere Denkmalbehörde nahm diesen Hinweis auf und prüfte die Denkmalwürdigkeit. Die Stadt Mülheim reagierte auf ihre Weise und stellte einen Abrissantrag für die VHS, um einer möglichen Unterschutzstellung zuvorzukommen. Zuvor hatte sich die Stadt unter anderem mit dem VHS-Grundstück für den Standort der Sparkassenakademie in NRW beworben. Dieser Versuch scheiterte, die Sparkassenakademie ging nach Dortmund. Im Mai 2015 kündigte die Obere Denkmalbehörde an, dass die VHS unter Denkmalschutz gestellt werden soll. Trotzdem versuchte die Stadt erneut, die VHS aus dem Gebäude herauszubekommen, diesmal sollte der VHS-Betrieb in den Neubau auf dem ehemaligen Kaufhof-Areal verlagert werden. Auch dies kam nicht zustande. Schließlich, im Juli 2016, wurde die VHS endgültig unter Denkmalschutz gestellt.
Die Begründung für die Denkmalwürdigkeit durch den LVR ist ein engagiertes Plädoyer für den Erhalt der VHS, wie es eindrucksvoller nicht sein könnte.
Frau Dr. Gierschner
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Mülheim an der Ruhr, Bergstraße 1-3, Heinrich-Thöne-Volkshochschule
Gutachten gemäß § 22 (3) 1 zum Denkmalwert gemäß § 2 DSchG NW
Ortstermin: 14.04.2015
Architekt: Dietmar Teich, nach einem Wettbewerbs-Entwurf der Architektengemein-
schaft Seidensticker-Spantzel-Teich-Budde-Gutsmann-Jung, Essen
Baujahr: 1976-1979
Bauherr: Stadt Mülheim
Nutzung: Volkshochschule
Nach Auffassung des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland liegen für die
Heinrich-Thöne-Volkshochschule in Mülheim an der Ruhr die Tatbestandsvorausset-
zungen zur Begründung des Denkmalwertes vor.
Die Heinrich-Thöne-Volkshochschule stellt ein Baudenkmal im Sinne des § 2 DSchG
NW dar.
Der am 24. August 1979 eingeweihte Gebäudekomplex mit zugehörigen Außenanla-
gen ist nach mehrjähriger Planungszeit unter Federführung des Architekten Dietmar
Teich, Essen, nach einem von ihm überarbeiteten Wettbewerbsentwurf der Architek-
tengemeinschaft Seidensticker-Spantzel-Teich-Budde-Gutsmann-Jung, Essen, er-
richtet worden.
Geplant war ein 2. Bauabschnitt, doch gelangte nur der 1. Bauabschnitt zur Ausfüh-
rung.
Der Denkmalumfang umfasst den gesamten über unregelmäßigem Grundriss errich-
teten, auf der Hangseite zur Bergstraße hin terrassierten Baukörper mit Platzfläche,
die Freitreppenanlage, die auf der Treppenanlage befindliche Plastik „Bewegung und
Gegenbewegung“ des Künstlers Karl Prasse, das Innere des Gebäudes mit der kom-
plexen Raumdisposition (Forum mit abgehenden Subkommunikationszentren, all-
gemeinen und spezifizierten Kursräumen, Räumen für Verwaltung und Dozenten,
den Treppenhäusern) sowie der, soweit vorhanden, bauzeitlichen Innengestaltung
mit farbiger Kennzeichnung der einzelnen Geschoßebenen.
Lage und städtebaulicher Kontext
Die Heinrich-Thöne-Volkshochschule liegt am Hang auf der Westseite der Bergstra-
ße, gegenüber der westlichen Innenstadtperipherie mit den städtischen Einrichtun-
gen Rathaus, Stadthalle, Schwimmbad, Stadtbücherei und Marktplatz. Das Grund-
stück, auf dem der Gebäudekomplex der Volkshochschule Mülheim an der Ruhr er-
richtet werden sollte, befand sich größtenteils im Besitz der Stadt; nur das dort be-
findliche Kleingartengelände musste hinzuerworben werden.
Der Gebäudekomplex orientiert sich auf dem nach Norden, zum Ruhrtal abfallenden
Gelände in Richtung Innenstadt und gewährt einen weitläufigen Ausblick über den
Grünbereich der Ruhrwiesen zum Innenstadtbereich Mülheims mit seinen städtebau-
lichen Dominanten.
Südlich der Volkshochschule liegt an der Straßenkreuzung Bergstraße/Am Broich
das Baudenkmal Schloss Broich in unmittelbarer Nachbarschaft. Die Architektur des
Neubaus reagiert auf den historischen Kontext insofern, als sie auf eine dominieren-
de Schwerpunktbildung verzichtet und sich in der Höhenentwicklung zurücknimmt.
Westlich von Volkshochschulgebäude und Schloss Broich erstreckt sich die Grün-
und Freizeitanlage des MüGa Parks, an dessen Peripherie sich ehemalige Industrie-
gebäude befinden, die als Baudenkmale kulturellen Zwecken zugeführt wurden.
Baugeschichte
Am 12. Juni 1969 forderte der Kulturausschuss des Rates der Stadt Mülheim ein
„Raumprogramm für das Bildungszentrum Ruhr“, womit ein eigenes Domizil für die
Volkshochschule gemeint war. Bereits im Januar 1970 waren Planungsmittel zur
„Bebauung Stadthallengelände und Wettbewerb für ein Haus der Bildung“ bereitge-
stellt worden, zudem wurde aus Mitgliedern des Kulturausschusses eine Arbeits-
gruppe zur Vorbereitung eines Wettbewerbs für die Einrichtung eines Hauses der
Bildung und zur Erstellung eines Entwicklungsplanes für die Erwachsenenbildung
berufen.
Zeitgleich veranstaltete auch die Volkshochschule Mülheim eine Umfrage über die
Anforderungen, die aus Sicht von Wirtschaft, Verbänden, Vereinen und anderen
Trägern der Erwachsenenbildung an ein Haus der Erwachsenenbildung gestellt wür-
den.
Im Mai 1970 fand ein öffentliches Hearing zu diesem Thema statt, als dessen Er-
gebnis folgende Forderungen der Teilnehmer schwerpunktmäßig aufgenommen
wurden:
„1. in einem solchen Haus sollten Arbeitsräume für spontan entstehende Arbeits-
gruppen zur Verfügung stehen,
2. dass Arbeitsmittel auch für privates Weiterlernen zur Verfügung gestellt werden
sollten, 3. Kurse und Arbeitskreise jederart im Hause stattfinden können - so müss-
ten z. B. auch Räume für Gymnastik u. ä. zur Verfügung stehen -,
4. das Haus bei Bedarf erweitert werden kann bzw. seine mögliche Erweiterung
gleich miteingeplant werden soll,
5. Einrichtungen - wie ein Kindergarten - geschaffen werden sollten, so dass auch
schon während des Tages Kurse für Mütter mit Kleinkindern stattfinden können.“
Als der Kulturausschuss im gleichen Jahr das Raumprogramm verabschiedete, ent-
schied man sich als Standort des neuen Volkshochschulgebäudes für das Gelände
am Schloss Broich. Man verwarf den alternativen Bauplatz City II am Hans-Böckler-
Platz, um durch eine Anbindung der Volkshochschule an die Stadtbücherei und die
Stadthalle ein neues kulturelles Zentrum an der Ruhr zu schaffen.
1972 wurden die Ausschreibungsbedingungen für einen begrenzten Architekten-
wettbewerb unter Berücksichtigung der in der Befragung und im Hearing gewonne-
nen Erkenntnisse und einer vorsichtigen Prognostizierung der Entwicklung der Er-
wachsenenbildung verabschiedet. Aus dem Architektenwettbewerb, an dem sich 4
Architektengemeinschaften beteiligt hatten, wurde durch ein unabhängiges Gutacht-
ergremium der Entwurf der Architektengemeinschaft Dr. Ing. Seidensticker, Spant-
zel, Teich, Budde, Gutsmann, Jung und Partner für die Realisierung ausgewählt. Der
Kulturausschuss „Haus der Erwachsenenbildung“ und der Kulturausschuss schlossen
sich dieser Empfehlung an. Nach umfangreichen Besprechungen des Unterausschus-
ses bezüglich der endgültigen Raumplanung wurde der erste Bauabschnitt 1975 be-
schlossen.
Der Wettbewerbsentwurf wurde von Dietmar Teich, Architekt BDA, bearbeitet, ihm
wurde auch die Ausführungsplanung, die gesamte Bauleitung und die Federführung
für die Ablaufsplanung und Durchführung des Gesamtprojektes übertragen.
Am 19. November 1976 erfolgte die Grundsteinlegung zum Haus der Erwachsenen-
bildung, am 8. März 1979 wurde dem Haus vom Rat der Stadt endgültig der Namen
Heinrich-Thöne-Volkshochschule verliehen, am 24. August 1979 konnte das Haus
schließlich seiner Bestimmung übergeben werden.
Im Zeichen der Rezession geriet das Bauvorhaben in die politische Diskussion und
das Bauprojekt „Haus der Erwachsenenbildung“ wurde zeitweilig auf dem Prüfstand
gestellt. Die Opposition im Rat der Stadt vertrat die Auffassung, dass ein solches
Gebäude in diesen Zeiten nicht zu realisieren sei, während die Mehrheitsfraktion der
SPD angesichts der Bedeutung der Erwachsenenbildung und der gefassten Be-
schlüsse keinen Grund sah, ein für die Mülheimer Bürger so wichtiges Gebäude nicht
zu realisieren.
Wesentliche charakteristische Merkmale
Der Baukomplex der Heinrich-Thöne-Volkshochschule stellt sich als gestaffelter, die
topographischen Gegebenheiten nutzender Baukörper dar, der aufgrund des Gelän-
degefälles ein-, zwei-, drei- und viergeschossig angelegt ist und von mehreren Ein-
gangsebenen aus erschlossen wird.
Gestalterisch war für den Neubau die amorphe Bewegung des unmittelbar neben
dem Baugrundstück liegenden Baudenkmals Schloss Broich maßgebend, so dass
zugunsten einer differenzierten und zurückhaltenden Gebäudegruppierung auf eine
dominierende Höhenentwicklung verzichtet wurde. Die gewählte Bauform sollte,
ohne den historischen Wert des Schlossgebäudes zu stören, mit ihrer „vegetativen“
Form so transparent erscheinen, dass „gebaute Topographie“ nur durch ihre Raum-
bildung und Raumbeziehung zum Alten eine Einbeziehung spürbar werden lässt.
Der terrassierte, flach gedeckte Baukomplex schmiegt sich „organisch“ an den
Hang, kommuniziert über mehrere zur Nutzung vorgesehene Terrassen mit dem
städtischen und architektonischen Umfeld und ist innen so angelegt, dass die der
jeweiligen Situation angepassten Freiräume von jeder Stelle Kontakt- und Ein-
sichtsmöglichkeiten erlauben.
Die Programmforderung nach größtmöglicher Kommunikation, Flexibilität und Multi-
Funktionalität sowie lernen ohne Schulcharakter waren Grundlagen der Entwurfsge-
staltung.
Das Zentrum und Herzstück der Anlage bildet das höhenmäßig stark differenzierte
Forum, von dem aus eine direkte Verbindung zu fast allen Funktionsbereichen des
Gebäudes möglich ist. Durch anschließende kleinere Platzbildungen in verschiedenen
Höhenanordnungen sind Kommunikationsflächen geschaffen worden, die in unter-
schiedlichen Größen ein Verbindungsglied zu den einzelnen anschließenden Funkti-
onsgruppen der verschiedenen Ebenen darstellen. So sind durch periphere Umlage-
rung des Forums kleinere Aktivzonen - auch mit der Cafeteria und ihren Ruhe- und
Diskussionsplätzen - entstanden, die zu einem multifunktionalen Agoracharakter
beitragen.
Durch das halbgeschossige Versetzen der anschließenden Ebenen gegenüber der
Forumsebene werden die einzelnen Funktionsgruppen, durch ein Farbleitsystem un-
terstützt, optisch erkennbar und sind leicht auf kurzen Wegen zu erreichen.
Die Durchlässigkeit des Gebäudekomplexes in der Ost-West-Achse mit ihren Haupt-
zugängen von der oberen Ebene auf der Westseite und über die vorgelagerte terras-
sierte Treppenanlage von der unteren Ebene auf der Ostseite gestattet es dem Be-
sucher, die Raumorganisationstrukturen schnell zu überschauen und sich im gesam-
ten Bereich rasch zu orientieren.
Die über den verschiedenen Funktionsbereichen in unterschiedlichen Höhen liegen-
den Dachterrassen sind größtenteils begehbar und zu Außen-Unterrichtszwecken
geeignet.
Die Kursräume sind entsprechend ihrer unterschiedlichen Nutzung in Gruppen zu-
sammengefasst und funktionsspezifisch angeordnet. Um den Charakter von Schul-
fluren zu vermeiden, wurden Kursraum-Gruppen um Kommunikationsflächen ange-
ordnet, die mit Außenterrassen oder Freiräumen in Verbindung stehen, von denen
aus man über das Ruhrtal hinweg die Stadtperspektive überschauen kann.
Die Grundrissform der Kursräume sowie auch der übrigen Funktionsräume sollte
eine vielfältige Möblierungsanordnung ermöglichen und einen nicht schulraummäßi-
gen Eindruck vermitteln.
Der Zugang zu den Funktionsgruppen Gymnas-
tik/Werken/Naturwissenschaften/Elektronik liegt gegenüber dem Eingang von der
Bergstraße zum Forum um ein halbes Geschoss versetzt und ist über das in dersel-
ben Ebene angeordnete Foyer angebunden.
Eine von der Bergstraße erschlossene Platzbildung erlaubt die störungsfreie Anliefe-
rung des Bedarfes für den Cafeteria- und Küchenbetrieb, für die Funktionsbereiche
Werken sowie die Anfahrt für Krankenwagen und Feuerwehr.
Die vier unterschiedlich farbig gekennzeichneten Geschosse des Baukörpers nehmen
jeweils folgende Funktionsbereiche auf.
Auf Ebene A, Orientierungsfarbe Gelb, befinden sich:
1. Gymnastikräume einschließlich der erforderlichen Nebenräume wie Geräteraum
2. Naturwissenschaftlicher Übungsraum mit den entsprechenden Neben- und Vorbe-
reitungsräumen
3. Elektronik-Labor
4. Raumgruppe Werken – Holz, Metall mit Wasch- und Material-Lagerräumen
5. Foyer (bei Fertigstellung des 2. Bauabschnittes sollte dieser Raum aktiviert wer-
den und die Sammelgarderobe für das Studio aufnehmen)
6. Deko Werkstatt (für 2. Bauabschnitt)
7. Kameraüberwachter Zugang (Windfang) für Behinderte, Aufzugsanlage
8. zentraler WC-Kern
9. Sanitätsraum
10. vier Kursräume, die um ein Subkommunikationszentrum gruppiert sind
11. Zufahrt von der Bergstraße – Anlieferung für Cafeteria sowie Material, Zufahrt
für Krankenwage nun Feuerwehr.
Unter dieser Ebene befindet sich auch das Technikgeschoß, das bereits auch auf
Bauabschnitt B ausgelegt wurde.
Der Ebene B mit der Orientierungsfarbe Rot wurden folgende Funktionsgruppen zu-
geordnet:
1. Hauptzugang von der Bergstraße über vorgelagerte Terrassen und Frei-
Treppenanlagen
2. Pförtnerloge 1 im Windfangbereich mit Überwachungseinrichtungen einschließlich
Behinderteneingang mit Kamera
3. Kasse, Anmeldung und Information
4. Zehn Dozenten- und Verwaltungsräume
5. Forum mit abgewinkelten Sitzrängen und Galerie-Ebenen sowie Cafeteria mit
Bartheke und Sitznischen – Das Forum ist höhenmäßig stark differenziert, so dass
sich kleinere und größere Raumbildungen ergeben, die als Diskussions- und Ruhe-
plätze vorgesehen waren.
6. Küche und Vorratsraum für die Cafeteria
7. Zentraler WC-Kern
8. Kartenraum
9. Selbstlernzentrum, Sprachlabore, Medienzentrale
10. zwei Kursräume
Auf Ebene C mit der Orientierungsfarbe Grün befinden sich die Funktionsgruppen:
1. Direktorzimmer mit Vorzimmer
2. Raum für den stellvertretenden Direktor
3. Konferenzraum
4. ein Raum für Verwaltung
5. Informationszentrum, Zeitungsleseraum
6. Raum für Raumpflegerinnen
7. Zweite Forumsebene mit Galerie-Umgängen, Sitznischen und Kommunikationsflä-
chen, Zugang zur unteren „Festterrasse“. Der zentrale Forumsbereich bietet durch
seine starke
Differenziertheit einen immer anderen Eindruck bei Veränderung des Besucherstan-
dortes. Die über der unteren Forumsebene angeordnete „Festterrasse“ orientiert
sich ebenfalls zur Innenstadt mit Blick über die Ruhr
8. Eingang vom oberen Bereich mit zweiter Pförtnerloge, in der Pförtnerloge Über-
wachungseinrichtungen für Technik, Feuermeldeanlage etc.
9. Fünf Kursräume
10. Zwei Räume für ein Pädagogisches Labor
11. Zwei Kinderspielräume mit Teeküche, Kindergarderobe und Kinder-WCs – sepa-
rater Zugang zum Außenspielbereich
12. Zentraler WC-Kern mit Behinderten-WCs
13. Große, differenzierte Kommunikationsfläche, teilweise für Wechselausstellungen
vorgesehen
14. Aufzugsanlage
Die Ebene mit der Orientierungsfarbe Blau weist folgende Funktionsgruppen auf:
1. Sieben Kursräume
2. Zwei Verwaltungsräume
3. Fotoatelier mit Unterrichtsraum und Dunkelkammer sowie vorgeschaltete Schleu-
se
4. Künstleratelier mit Freiterrasse
5. Zentralgarderobe
6. Zentraler WC-Kern
7. Putzmittelraum
8. Kommunikationsflächen, die sich zur oberen Freiterrasse orientieren. In dieser
Ebene ist konchenartig eine „Festterrasse“ mit Ausblick über das Stadtbild einer
Kommunikationsfläche vorgelagert.
9. Aufzugsanlage
Im Untergeschoß befinden sich das Technikgeschoß für das gesamte Projekt, also
auch für den 2. Bauabschnitt, sowie Archivräume für die Verwaltung.
Obwohl das im 2. Bauabschnitt geplante Studio-Theater, das mit seinen Sitzrängen
und der Zentralbühne zum Forum orientiert gewesen wäre, nicht zur Ausführung
gelangte, war aufgrund des Konzeptes des Forumsbereiches die Nutzbarkeit gege-
ben. Bereits mit Vollendung des 1. Bauabschnittes konnten größere Veranstaltungen
in einer architektonisch interessanten und durch die Höhendifferenzierung des Fo-
rums eindrucksvollen Umgebung stattfinden.
Die für den 1. Bauabschnitt relevanten technischen Daten wurden wie folgt angege-
ben:
Nettonutzfläche der Funktionsräume 4.800 qm, Verkehrsflächen 650 qm, Neben-
räume 150 qm, Technikbereich 550 qm, begehbare Terrassenflächen 700 qm, Ge-
samtnutzflächen einschließlich Terrassen 6.900 qm, umbauter Raum 26.800 qm.
In der Aufsicht folgt die Figur des Gebäudekomplexes dem Windradschema, die Ge-
schoßgrundrisse weisen eine pentagonale Struktur auf, wodurch im Zusammenspiel
mit der Geschossstaffelung der Baumasse eine „Entmaterialisierung“ des Volumens
angestrebt wird.
Alle Gebäudeansichten weisen durch den konsequent durchtakteten Wechsel von
Beton- und Fensterbändern eine dezidiert horizontale Gliederung auf, wobei in den
Ansichten die Masse des Gesamtbaukörpers zu den Seiten hin abgestuft ausklingt.
Nur die südliche Seitenfront weist noch die provisorische Fassade auf, so dass der
Baukörper hier abrupt abgeschlossen scheint. Wäre der zweite Bauabschnitt reali-
siert worden, hätte der Baukörper auch auf der Schloss Broich zugewandten Seite
einen abgestuften Abschluss erhalten.
Jeder Flügel des Gebäudekomplexes variiert grundriss- und geschoßmäßig, wobei
durchgängig verwendete Grundstrukturen die differenziert gestaffelte, sich in der
Ansicht asymmetrisch präsentierende Baumasse zusammenhalten. Durch die sich
wiederholenden Konstruktionselemente ist trotz des unregelmäßigen Grundrisses
ein in sich homogen wirkender Gebäudekomplex geschaffen worden, der sich gestal-
terisch dem Diktat der Symmetrie entzieht. Auch den Außenbau strukturell prägen-
de Details sind nicht symmetrisch angeordnet, sondern aus ihrer Funktionalität her-
aus entwickelt: Treppenhausschächte, die über die Flachdächer ragen, setzen mit
ihren abgeschrägten Abschlüssen Akzente, die Beton-Pflanzkübel über dem Ein-
gangsbereich an der Bergstraße sind halbrund ausgebildet und wirken wie massive
Beton-Verdachungen. Auch die Abluftrohre aus Beton – in einer Schräge endende,
geschlitzte Zylinder – ragen wie Plastiken anmutend aus dem Boden.
Auch wenn die Architektur der Volkshochschule keinen konventionell repräsentati-
ven Akzent im Stadtraum setzen wollte, stellt die Außentreppenanlage mit ihren
versetzt angeordneten Podesten, Pflanzkübeln und der Beton-Skulptur im städte-
baulichen Kontext eine Dominante dar. Sie steht in der Tradition repräsentativer
Freitreppenanlagen wie der Spanischen Treppe in Rom, der Potemkinschen Treppe
in Odessa oder der Strudelhofstiege in Wien. Sie interpretiert die durch topographi-
sche Gegebenheiten bedingte Bauaufgabe Freitreppe neu und dokumentiert in Ge-
stus und Formensprache die Zeitschicht der 1970er Jahre.
Das architektonische Konzept der Heinrich–Thöne-Volkshochschule, das vom Grund-
riss her optimal auf die Bauaufgabe abgestimmt ist, lebt von Gegensätzen: zur
Bergstraße hin zeigt der Baukörper durch die außen liegende Freitreppe Präsenz,
leitet zur jenseits der Bergstraße liegenden Bebauung über, lädt die Menschen zum
Besuch ein, zum MüGa-Park und Schloss Broich hin nimmt er sich zurück, wirkt un-
auffällig.
Wird mit der Freitreppenanlage der Stadtraum „in Szene“ gesetzt, übernimmt im
Inneren das großzügig dimensionierte, differenziert angelegte Forum diese „reprä-
sentative“ Aufgabe. Der multifunktionale Raum, der am Außenbau nicht ablesbar ist,
dient zum einen als Foyer und bietet dem Besucher ein überraschendes Raumerleb-
nis. Das Forum empfängt den Besucher mit einer vielschichtigen Raumstruktur, de-
ren Konstruktion offen liegt und deren einzelne Ebenen über eine mehrläufige Trep-
penanlage miteinander verbunden sind.
Das Forum, öffentlicher Raum und Kommunikationsort – ehemals draußen verortet
– wird von der Architektur 1970er Jahre nach innen geholt und ist programmatisch
besetzt. Das Forum soll einladen zur Begegnung, zur Kommunikation, zum Mei-
nungsaustausch, zur Diskussion, auch bei Kaffee und Kuchen. Diese Tendenz ist
ebenfalls beim Schulbau der 1970er Jahre festzumachen, etwa bei der ab 1973 von
den Architekten Schneider-Wesseling und Haberer geplanten integrierten Gesamt-
schule Bonn-Beuel: auch hier wird das Forum zum Dreh- und Angelpunkt des Ge-
bäudekomplexes, dient es als pädagogisches Instrument, das Schule als „Gewächs-
haus für Heranwachsende“ interpretiert und das Kind in den Mittelpunkt stellt.
Begründung des Denkmalwertes
Die Heinrich-Thöne-Volkshochschule in Mülheim an der Ruhr ist bedeutend für die
Geschichte des Menschen sowie für Städte und Siedlungen. Den einzelnen
Merkmalen, aus denen sich die Bedeutung des Objektes ergibt, ist die Kategorie des
Geschichtlichen gemeinsam. Die Bedeutung des o. g. Objektes gründet sich auf sei-
nen Wert für die Dokumentation der Bauweise der 1970er Jahre und der gesell-
schaftlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die in dem Bautypus Volkshochschul-
gebäude und seiner Architektur zum Ausdruck kommen. Das o. g. Objekt ist in be-
sonderem Maße geeignet, geschichtliche Entwicklungen aufzuzeigen und zu erfor-
schen.
Die Heinrich-Thöne-Volkshochschule in Mülheim an der Ruhr ist bedeutend für die
Geschichte des Menschen als Zeugnis der Architektur der 1970er Jahre in der
Bundesrepublik Deutschland und als Bautypus, dessen Konzeption explizit auf die
Aufgabenstellung der Volkshochschule hin ausgerichtet ist und der als solcher sich
erst Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte.
Die Heinrich-Thöne-Volkshochschule vermittelt anschaulich in gebauter Form die
Umsetzung komplexer Inhalte und Ideen unserer Wertegemeinschaft und dokumen-
tiert architekturhistorische Tendenzen der Nachkriegsarchitektur, die in weitestem
Sinne unter dem Begriff „Moderne“ zusammengefasst werden können.
Die Heinrich-Thöne-Volkshochschule in Mülheim an der Ruhr hat einen hohen Aus-
sagewert für das Leben einer bestimmten Epoche – hier die Zeit der späten 1960er
und 1970er Jahre - sowie für deren politische, kulturelle und soziale Geschehensab-
läufe, die sie prägten und historische Alleinstellungsmerkmale darstellen.
Die Heinrich-Thöne-Volkshochschule ist bedeutend für die Stadt Mülheim, da sie
einen besonderen Aussagewert für die Architekturgeschichte der Stadt an der Ruhr
aufweist.
Der Baukörper der Heinrich-Thöne-Volkshochschule bezeugt den historischen Ent-
stehungsprozess der Stadt Mülheim, indem er durch seine Anordnung und Lage in
der Örtlichkeit, durch seine Gestaltung für sich allein und im Kontext mit den ihn
umgebenden baulichen Anlagen den historischen Entwicklungsprozess in entschei-
dender Weise dokumentiert.
Die Kategorie des Geschichtlichen gründet vor allem in der Bedeutung der Heinrich-
Thöne-Volkshochschule als Dokument für die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse, die zur Entstehung des Gebäudekomplexes in den 1970er Jahren ge-
führt haben. Die Heinrich-Thöne-Volkshochschule ist seit Anbeginn der Grundpfeiler
der Erwachsenenbildung und wichtiger Dienstleister für die Bürger/innen Mülheims.
Seit dem 2. Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts existierten in Mülheim erste Einrichtun-
gen für Erwachsenenbildung. Damals konnten z. B. die häufig ungelernten Beschäf-
tigten der Friedrich-Wilhelms-Hütte und anderer Unternehmen sich fortbilden,
wodurch Ihnen eine Teilnahme am Gesellschafts- und Kulturleben der Stadt ermög-
licht wurde.
Erst mit der Einweihung der Heinrich-Thöne-Volkshochschule im Jahr 1979 stand
der Mülheimer Bürgerschaft eine Institution zur Verfügung, die dem Konzept des
Erwachsenen als lebenslang Lernendem, wie es die 1971 von der nordrhein-
westfälischen Landesregierung eingesetzte Planungskommission „Erwachsenenbil-
dung und Weiterbildung“ postulierte, entsprach.
Für die Erhaltung und Nutzung der Heinrich-Thöne-Volkshochschule in Mülheim an
der Ruhr liegen wissenschaftliche, insbesondere architekturhistorische, zeit-
und ortsgeschichtliche sowie städtebauliche Gründe vor.
Die architekturwissenschaftlichen Gründe, welche zur Bewertung der Heinrich-
Thöne-Volkshochschule als Baudenkmalwert beitragen, liegen darin begründet, dass
die o. g. Volkshochschule in besonderem Maße zur Erforschung und Dokumentation
der Baukunst der Nachkriegszeit, insbesondere der Architektur der 1970er Jahre,
beiträgt und mit ihr ein anschauliches Dokument für diese Zeitschicht in Mülheim an
der Ruhr gegeben ist.
Gestalterisch stellt das o. g. Gebäude ein qualitätvolles Beispiel für die Architektur
der Nachkriegsmoderne, insbesondere der 1970er Jahre in der Bundesrepublik dar.
Sowohl Grundrißstruktur wie die Gestaltung der Baumasse spiegeln Schlüsselbegrif-
fe des „Demokratischen Bauens“ wie Kommunikation und Transparenz, Offenheit
und Toleranz wieder, die die Architekturtheorie der Baukunst nach dem 2. Weltkrieg
dominierten.
Die Stahlbetonskelettkonstruktion wird am Außenbau durch Betonbrüstungen aus
Fertigelementen und Fensterbänder dominiert. Die Schichtung heller und dunkler
„Bänder“ schafft einen lebhaften optischen Kontrast, sie strukturiert den Gebäude-
komplex, hält das Bauvolumen zusammen und verleiht dem Baukörper ein homoge-
nes Erscheinungsbild - trotz der Unregelmäßigkeit des Grundrisses und Verzichts auf
Symmetrie.
In der Addition gleicher Bauteile taucht eine strukturalistische Tendenz auf, die sich
in einer vielgestaltig gestaffelten Gesamtwirkung ausdrückt. Die Verwendung des
60-Grad-Rasters brachte darüber hinaus den Vorteil, dass sich aus der auf Grundla-
ge dieses Konstruktionsprinzips entwickelten Figur mit ihrem polygonalen Grundriss
am besten ein richtungsloses Raumkontinuum verwirklichen ließ, das von vornhe-
rein gewährleistete, dass kein Platz im Raum als privilegiert empfunden wurde. Al-
lein das Forum als Ort der Muße und der Kommunikation hält die unterschiedlichen
„Raumarme“ zusammen.
In der Architektursprache der Heinrich-Thöne-Volkshochschule in Mülheim manifes-
tieren sich die Gestaltansprüche einer Sprache der Moderne, die Leitmotive der Ar-
chitekturtheorie des 20. Jahrhunderts darstellen.
Architektur soll sich nicht mehr auf einen Standpunkt hin fixieren und präsentieren,
sie soll „in der Zeit“ wahrgenommen werden und aus vielen Blickwinkeln „erfahren“
werden. Das Erfinden und das Wahrnehmen von Architektur richtet sich nicht mehr
auf abgeschlossene dreidimensionale Konzepte, sondern soll sich in der Annäherung
an das Bauwerk, im Durchschreiten und Verlassen desselben, am vielfältigen Wech-
sel der Bilder ereignen. Der bisher statische, dimensional definierte Raum wird als
dynamisch und „fließend“ aufgefaßt.
Die Moderne verabschiedet sich vom Prinzip „Last und Stütze“: Architektur soll nicht
mehr primär das statische Wechselspiel zwischen Außen-Wand oder Pfeiler und Säu-
le einerseits und der durch sie getragenen Auflast andererseits abbilden. Sie soll
vielmehr die konstruktive und räumliche Freiheit und Dynamik anschaulich machen,
die als Folge der neuen Baustoffe und ihrer phantasievollen Anwendung im Gefüge
des Bauwerkes möglich wird.
Das Prinzip „Repräsentation“ erfährt eine Neuinterpretation: Architektur soll nicht
mehr ein Anderes repräsentieren, vor allem nicht mehr Macht und Reichtum zur
Schau tragen. Sie soll sich selbst darstellen, die architektonische Idee einer phanta-
sievollen, konstruktiven, funktionalen und räumlichen Lösung der jeweils gestellten
Aufgabe bildhaft realisieren.
Die „Fassade“ als formale Repräsentation wird zugunsten des Strukturprinzips auf-
gegeben. Der Baukörper wird nicht mehr nach einer oder mehreren öffentlichen Sei-
ten ausgerichtet, sondern macht sein konstruktives, funktionales räumliches Gefüge
in der Tiefe seiner räumlichen Zusammenhänge ganzheitlich sichtbar.
Werkstoffe finden Anwendung nach ihren jeweiligen eigenen Gesetzmäßigkeiten, auf
Dekoration der Oberfläche wird verzichtet. Architektur offenbart das Zusammenspiel
der Materialien, Metall, Holz, Stein und der nahezu unbegrenzt formbare Stahlbeton
sollen im Kontrast zueinander stehen. Aufgesetzte Dekoration wird dabei nicht nur
überflüssig, sondern stört das selbstbewusste Erscheinungsbild des jeweiligen Werk-
stoffes.
Architektur wechselt die Paradigmen ihrer Raumwirksamkeit, indem sie nach der
Entgrenzung von Innen und Außen strebt. Nicht mehr die den Raum begrenzende
Fläche ist Thema rhythmischer Gliederung, sondern der Raum selbst.
Architektur thematisiert nicht mehr nur abstrakte formale Ordnungen, sondern vor
allem die konkreten, alltäglichen Lebensvorgänge und die natürlichen, vitalen, phy-
sischen und psychischen Bedürfnisse des Menschen und schöpft daraus die Idee für
ihr Erscheinungsbild.
Folgt die Architektur der VHS MH allen relevanten Grundprinzipien der Moderne,
greift
der Gebäudekomplex mit der Materialwahl, dem Streben nach Offenlegung der Kon-
struktion und der Staffelung von Bauvolumen stilistisch Prinzipien des „Betonbruta-
lismus“ auf. Im Ergebnis führt dies nicht nur zu einer plastisch-körperhaften, mar-
kante Formen evozierenden Architektur, sondern auch zur Schaffung eines Baukör-
pers mit skulpturalem Charakter, der bis heute sowohl seine funktionale wie ästheti-
sche Gültigkeit bewahrt hat.
Die Nachkriegsmoderne ist seit längerem ein Schwerpunkt der baugeschichtlichen
Forschung. Diese trägt erheblich zur Fundierung des Denkmalschutzes für die Bau-
ten dieser Zeit bei - teilweise durchaus noch im Gegensatz zur Geringschätzung die-
ser Architektur durch die öffentliche Meinung.
Nachdem der Erkenntnisstand zur Baugeschichte der Nachkriegsmoderne der
1950er Jahre mittlerweile sehr hoch ist, zeichnet sich nun ein Forschungsbedarf zur
folgenden Entwicklung der Moderne ab. Sowohl die zeitliche Abgrenzung der bauge-
schichtlichen Epochen wie auch die unterschwelligen Verbindungen zwischen Nach-
kriegs- und Spätmoderne bedürfen weiterer Aufklärungsarbeit. Der Brutalismus als
eine dieser Strömungen der Moderne wurde in den 1950er und 1960er Jahren zwi-
schen seinem Ursprungskontext in Großbritannien und verschiedenen nationalen
Architekturkontexten von den USA bis nach Japan als internationales Projekt ver-
folgt und in den 1960er und 1970er Jahren integrativer Faktor einer neuen interna-
tionalen Tendenz von Urbanität durch Dichte mit der Abkehr von der funktionellen
Stadt und ihrer Funktionstrennung im Sinne Le Corbusiers. Im Kontext dieses For-
schungsgebietes positioniert sich die Heinrich-Thöne-Volkshochschule als wichtiges
Zeugnis dieser Strömung der Architektur der 1970er Jahre in der Bundesrepublik
Deutschland.
Institution und Bautypus
Die Bedeutung der Heinrich-Thöne-Volkshochschule liegt zudem im Bautypus Volks-
hochschule selbst begründet, dessen architektonische Entwicklung nach dem Zwei-
ten Weltkrieg mit der Errichtung des ersten Volkhochschulbaus in Marl - gegründet
1946 unter dem Namen „die insel“ – 1955 einsetzte. Die Erforschung und wissen-
schaftliche Aufarbeitung der Bautypologie Volkshochschule im Allgemeinen sowie
deren Verortung im sozialhistorischen Kontext tragen nicht nur zur Dokumentation
der Mülheimer Stadtgeschichte bei, sondern vermögen auch den Stellenwert der
Erwachsenenbildung in einer sich nach dem Zweiten Weltkrieg neu konstituieren-
den, in den 1970er Jahren bereits konsolidierten Bundesrepublik zu vermitteln
Im Kontext der Volkshochschulbauten, die in den Folgejahren in den Städten Nord-
rhein-Westfalens errichtet wurden – hier seien die Volkshochschulbauten in Marl,
Essen, Duisburg, Düsseldorf und Köln genannt,- nimmt die Volkshochschule in Mül-
heim an der Ruhr aufgrund ihrer räumlichen Lösung der Bauaufgabe und ihrer quali-
tätvollen Architektur sowie ihrer außergewöhnlichen topographischen Einbettung
eine besonders Stellung ein. Dem ausschließlich auf die Aufgabenstellung Volks-
hochschule zugeschnittenen Bau kommt Alleinstellungswert zu. Der progressive
baukünstlerische Gestaltungsansatz, die bautechnisch solide Ausführung und das
funktionell durchdachte Raumprogramm tragen dazu bei, dass der Gebäudekomplex
auch heute noch eine gültige Lösung der Bauaufgabe Volkshochschule darstellt.
Die Erwachsenenbildung, seit 1945 zu dem am stärksten expandierenden Bildungs-
sektor in Deutschland zählend, weist ein hohes Maß an Pluralität und Dynamik auf,
ist dabei aber unübersichtlich und in ihren Grenzen diffus.
Die Geschichte der Mülheimer Volkshochschule, exemplarisch für eine Entwicklung,
wie sie zu Beginn des 20. Jahrhunderts im gesamten Deutschland anzutreffen war,
legt Zeugnis ab von einem kontinuierlichen Bemühen um die Arbeit der Erwachse-
nenbildung in der Stadt. Die Volkshochschule Mülheim wurde am 30. April 1919 ge-
gründet und hatte ihr Domizil zunächst im heutigen Karl-Ziegler-Gymnasium. Im
Schloß Broich verfügte Sie erstmals über eigene Räume.
Die Erwachsenenbildung gewann zu Beginn der Weimarer Republik in weiten Kreisen
der Bevölkerung Anerkennung und Unterstützung. Die Arbeiterschaft wie auch die
bürgerlichen Kreise betrachteten aus ihrer jeweiligen Perspektive und Interessenla-
ge die Volksbildung als eine gesellschaftliche und kulturelle Bewegung, die dem
Neuaufbau von Staat und Gesellschaft wesentliche Impulse zu geben in der Lage
sei. So beteiligte sich die Arbeiterschaft, die der Volksbildung vor dem Kriege in Ge-
stalt der bürgerlich-liberalen „Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung“ noch
distanziert gegenüberstand, nun aktiv an einem systematischen Aufbau der Erwach-
senenbildung. Besonders der Teil der Arbeiterschaft, der an der Seite der jetzt
staatstragenden Mehrheitssozialdemokratie stand, unterstützte die offizielle Parteili-
nie, die die Erwachsenenbildung als ein Mittel zur Demokratisierung der Gesellschaft
und zur Stabilisierung des parlamentarischen Systems betrachtete.
Wesentliche Unterstützung erhielt die Erwachsenenbildung weiterhin von den bür-
gerlichen Schichten. Das Bürgertum sah in der Volksbildung angesichts eines kultu-
rellen und zivilisatorischen Krisenbewusstseins eine Möglichkeit zur geistigen und
nationalen Wiedergeburt. Ein solcher nationaler „Neuaufbau“ sollte sich in einer
neuen „Volksgemeinschaft“ vollziehen, wobei die Illusion im Spiel war, dass es zu
einer Versöhnung der verschiedenen Schichten und Klassen im Volke ohne tiefer
greifende Veränderungen der gesellschaftlichen Verhältnisse kommen könnte.
Die vor 1933 sehr ausdifferenzierte Erwachsenenbildungslandschaft war von den
Nationalsozialisten zerstört worden, die Erwachsenenbildung zum Instrument von
Propaganda und Indoktrination, der bloßen Fachschulung oder der ablenkenden Un-
terhaltung verkommen.
Nach 1945 wurde auf ausdrücklichen Wunsch der Militärregierung im Juni 1946 die
Volkshochschule Mülheim als städtische Institution mit einem besonders dafür ein-
gesetzten Vorstand neu ins Leben gerufen. Begonnen wurde mit der politologischen
Vortragsreihe „Die Grundbegriffe des Völkerrechts und der Organisation des Welt-
friedens“, was verdeutlicht, dass die Volkshochschule als eine „reeducation“ verbrei-
tende und festigende Institution verstanden wurde. Sie sollte zur gesellschaftspoliti-
schen und ideologischen Erneuerung beitragen und damit zur Überwindung des fa-
schistischen Denkens der 1930er und 1940er Jahre.
Bereits wenige Jahre nach ihrer Gründung verfügte die Bundesrepublik Deutschland
über ein plurales Erwachsenenbildungssystem mit sich stabilisierenden Strukturen.
Diese manifestierten sich in der Etablierung (z. B. 1952 Bundeszentrale für Heimat-
dienst, heute Bundeszentrale für politische Bildung; 1953 Deutscher VHS-Verband;
1957 Katholische Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung; 1957 Füh-
rungsakademie der Bundeswehr) und in der Zusammenarbeit (z.B. 1951 Deutsche
Arbeitsgemeinschaft Arbeit und Leben) unterschiedlicher Träger, Organisationen und
Verbände.
Für die öffentliche Anerkennung der Erwachsenenbildung und ihre zunehmende
Verwissenschaftlichung bedeutsam ist die 1957 gegründete Pädagogische Arbeits-
stelle des Deutschen Volkshochschulverbandes (PAS), aus der 1994 das Deutsche
Institut für Erwachsenenbildung (DIE) hervorgegangen ist.
Aufgrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik ist die landesspezifische Ent-
wicklung der Erwachsenenbildung, bei Übereinstimmung in den Grundprinzipien,
durchaus unterschiedlich verlaufen. Trotzdem gab es schon in den 1950er Jahren
Initiativen zu einer Bund und Länder übergreifenden, bildungspolitischen Verständi-
gung über die Erwachsenenbildung und deren Förderung. Bedeutsam dabei ist der
1953 einberufene Deutsche Ausschuss für das Erziehungs- und Bildungswesen, des-
sen Gutachten „Zur Situation und Aufgabe der deutschen Erwachsenenbildung“
(1960) einen Meilenstein darstellt. Es begriff die Erwachsenenbildung als öffentliche
Aufgabe, erkannte sie erstmals als wichtigen Bereich des Bildungswesens an, defi-
nierte die Erwachsenenbildung von der „ständigen Bemühung“ jedes Erwachsenen
her, „sich selbst, die Gesellschaft und die Welt zu verstehen und diesem Verständnis
gemäß zu handeln“, wandte sich gegen die Alternativen „Freiheit oder Bindung“ und
„Ausbildung oder Bildung“ und lenkte den Blick auf die Bildungsbedürfnisse Erwach-
sener sowie auf die Legitimität allgemeinbildender und berufsbezogener Inhalte in
der Erwachsenenbildung.
Die Entwicklungsgeschichte des Bautypus Volkshochschule selbst ist im Kontext mit
historisch-gesellschaftspolitischen Entwicklungen der Jahrzehnte nach 1945 zu se-
hen. Nach den eigentlichen Wirtschaftswunderjahren der Bundesrepublik in den
1960er Jahren, die durch breiten Wohlstand, Vollbeschäftigung und die naive Vor-
stellung, der wissenschaftliche Fortschritt werde die gesamte Menschheit in abseh-
barer Zukunft in ein irdisches Paradies führen, begann 1973 das Umdenken, als die
Erdölkrise unvermittelt die „Grenzen des Wachstums“ aufzeigte. 1974 stagnierte die
Entwicklung der Wirtschaft, 1975 war sogar ein Minuswachstum von 3,4 Prozent zu
verzeichnen, während sich die Zahl der Arbeitslosen gleichzeitig auf 1,1 Millionen
erhöhte.
Auch gesellschaftspolitische Veränderungen, die prägend für die 1960er Jahre wa-
ren, spiegeln sich in architektonischen Tendenzen wieder. Der Ruf nach mehr politi-
scher Partizipation und sozialer Chancengleichheit wurde laut, Hausbesetzer und
Bürgerinitiativen forderten Bürgerbeteiligung bei städtebaulichen Vorhaben und bo-
ten Großprojekten und Kahlschlagsanierungen Einhalt. Die Nierentisch-Architektur
verschwand um 1960 so unvermittelt wie sie gekommen war. Statt der „geglieder-
ten und aufgelockerten Stadt“ der Wiederaufbaujahre mit ihrer solitären Bebauung
und dem hohen Grünflächenanteil wurde um 1970 „Urbanität durch Verdichtung“
propagiert.
Auch das Bildungswesen wandelte sich den Bedürfnissen der Zeit entsprechend und
erfuhr, dem von Willy Brandt ausgegebenem Leitmotiv „mehr Demokratie wagen“,
grundlegende Reformen. Dabei gab es vor allem im Bereich der Erwachsenenbildung
entscheidende Anschübe.
Das Bundesland NRW verabschiedete 1974 das 1. Weiterbildungsgesetz, das am
1.1.1975 in Kraft trat mit der Zielsetzung, Weiterbildung als 4. Säule des Bildungs-
wesens zu etablieren. Weiterbildung wurde kommunale Pflichtaufgabe, d. h. die
Städte mussten Volkshochschulen einrichten. Auch Einrichtungen in freier Träger-
schaft wurden ebenso wie die Volkshochschulen vom Land gefördert. Volkshoch-
schulen wurden professionalisiert, d. h. mit hauptamtlichen pädagogischen Mitarbei-
terinnen und Mitarbeitern und mit Verwaltungskräften ausgestattet. Es war Allge-
meingut geworden, dass das erstmalige Erlernen eines Berufes nicht mehr für das
ganze Leben reiche und lebenslanges Lernen aufgrund der raschen gesellschaftli-
chen, wissenschaftlichen und technischen Entwicklung unabdingbar sei.
Diese Bedeutung der Erwachsenenbildung erkannte der Rat der Stadt Mülheim 1975
dadurch an, dass die parlamentarische Betreuung der Weiterbildung durch einen
eigenen Ausschuss, nämlich den Weiterbildungsausschuss, erfolgte. Die Weiterbil-
dungsarbeit in diesen Jahren erforderte die Erledigung umfangreicher Aufgaben. So
entstand ein Weiterbildungsentwicklungsplan, der auch die Zusammenarbeit mit
anderen Trägern vorsah.
Die Satzung der Volkhochschule wurde verabschiedet. Damit wurden demokratische
Gremien geschaffen, die die Hörer und Dozenten in die Arbeit der Volkshochschule
einbezogen.
Die Wertschätzung von Erwachsenenbildung sollte sich jedoch auch in adäquater
räumlicher Ausstattung wiederspiegeln, denn Erwachsenenbildung begriff sich am
Ende der 1950er Jahre - nicht zuletzt aufgrund des Fehlens eigener Räumlichkeiten,
geschweige eigener Häuser - als „Stiefkind des deutschen Wirtschaftswunders“. Be-
klagt wurde, dass Volkshochschulen in der Öffentlichkeit als Provisorium erschienen
angesichts des Zustandes einer nur „behelfsmäßigen Unterbringung“.
Welche unzulänglichen Arbeitsbedingungen die Erwachsenenbildung Anfang der
1950er Jahre vorfand, verdeutlicht ein Bericht des Landesverbandes der Volkshoch-
schulen Niedersachsens, der auch die Situation in Nordrhein-Westfalen trifft: Be-
klagt wird, dass ein nicht unerheblicher Teil der Veranstaltungen in – besonders für
Jugendliche – fragwürdigen Gaststättenräumen durchgeführt werden müsse. Und
selbst bei Schulräumen, die für Erwachsenenbildung nur mit Unbehagen angeboten
werden könnten, gäbe es viele ernsthafte Schwierigkeiten: „Besonders in den Volks-
schulen ist die Bestuhlung für zu klein, dadurch treten schnell Ermüdungserschei-
nungen auf, die den Unterrichtsablauf erschweren. Selbst bei Schulen, die über
Räume mit guter Bestuhlung verfügen, werden oft den Volkshochschulen völlig un-
geeignete Räume zugewiesen, um die besseren Räume zu ´schonen´.“ Ungemach
bereite zudem, dass an den Schulen nachmittags die Heizungen abgeschaltet wür-
den, so dass „die Hörer mit Mänteln im Unterrichtsraum sitzen und noch frieren“.
Auch brächten „vollgeschriebene Tafeln mit dem Hinweis „stehen lassen“, das uner-
lässliche Rauchverbot, das nicht zu überhörende Klingelzeichen … jeden Mitarbeiter
in Verlegenheit.“ Für Arbeitsgemeinschaften sei die rigide Begrenzung der Raumver-
fügbarkeit bis meist 21:30 Uhr nur schwer hinnehmbar, doch die Schulverwaltungen
seien nicht bereit, „den Hausmeistern eine längere Überstundenvergütung zu ge-
währen.“
Auf die allerorten unbefriedigende Lage reagierte in Nordrhein-Westfalen der dama-
lige Kultusminister Paul Mikat 1964 mit einer „Denkschrift über den Ausbau der Er-
wachsenenbildung im Lande Nordrhein-Westfalen“. Aus einer in der Denkschrift zi-
tierten 1963 erfolgten Erhebung geht der kümmerliche Versorgungszustand der 247
festgestellten Abendvolkshochschulen in NRW mit eigenen Häusern oder Räumlich-
keiten nachdrücklich hervor. Demnach verfügten nicht einmal 20 % der Volkshoch-
schulen über eigenverantwortlich genutzte Räumlichkeiten.
Ein Grund für diesen schlechten Ausbau institutioneller Strukturen bis weit in die
1960er Jahre war nicht zuletzt, dass Erwachsenenbildung noch in den 1960er Jahren
in erster Linie „nur“ als kulturelle Aufgabe sowohl von den Erwachsenenbildnern als
auch von den Bildungspolitikern gesehen wurde. Erwachsenenbildung verstand sich
im Sinne einer personalen Bildung primär als „Nothilfe“ und später dann als „Le-
benshilfe“, mit der einer „den entbildenden Mächten der Zeit geschuldeten Orientie-
rungslosigkeit“ entgegengearbeitet werden sollte. Am 8. Januar 1955 eröffnete der
damalige Kultusminister des Landes NRW, Werner Schütz, den ersten Volkshoch-
schulneubau der Nachkriegszeit in Marl.
Charakterfeste und werterfüllte Persönlichkeiten mit demokratischer Haltung und
einem klaren Verhältnis zum Gemeinwesen und darüber hinaus zu Volk und Staat,
dies waren die Zielsetzungen der Erwachsenenbildung. Diesen Zielsetzungen zufolge
ging es bei den Begründungen für den Bau von Häusern für die Erwachsenenbildung
darum, sie als „Stätten der Begegnung und Besinnung in der Weise partnerschaftli-
chen Zusammenwirkens von Bildnern und Teilnehmern“ einzufordern. Demnach wä-
re Erwachsenenbildung nur zweckgerecht in Häusern möglich, die „a) Raum für
partnerschaftlichen Umgang mündiger Menschen bieten und in ihrer Einrichtung von
jeder Gängelei frei sind, b) mitmenschlichen Kontakt ermöglichen (Notwendigkeit
von Klub-, Aufenthalts- und Gesprächsräumen), c) zu meditativem Verweilen einla-
den (hinreichende Behaglichkeit der Räume, Sessel, und Stühle statt Schulbänke),
d) jede Uniformität im Baukörper, in der Raumgestaltung und Innenarchitektur
vermeiden und den Erwachsenen immer als solchen sich fühlen lassen, e) die Atmo-
sphäre des Heimes ausstrahlen, für Geselligkeit, Gastlichkeit und Lebensfreude ge-
nügend Anlässe bieten,… f) schließlich ist das eigene Haus der Erwachsenenbildung
so zu gestalten, dass jeder auf intensive Weiterbildung bedachte Erwachsene hier
seinem Beruf, seinem Bildungsstand, und seinem Bildungswillen entsprechende Ein-
richtung vorfindet,, die geschmackvoll, aber nicht luxuriös, einfach, aber nicht ärm-
lich und primitiv, kontaktanregend, aber nicht auf „Vergesellschaftung“ bedacht ist.“
Diese Vorgaben, die auf strukturelle Notwendigkeiten von Volkshochschulgebäuden
verweisen, wurden bei der Heinrich-Thöne-Volkshochschule in Mülheim an der Ruhr
auf vorbildliche Weise gelöst.
Auch aus städtebaulichen Gründen kommt der Heinrich-Thöne-Volkshochschule in
Mülheim an der Ruhr Bedeutung zu.
Der Baukörper erscheint als Baugruppe ohne strenge Symmetrieachsen und fügt
sich mit seiner gestaffelten, dezidiert horizontalen Akzentuierung der Baumasse –
der vertikale Akzent wird mit dem Motiv des Forums ins Innere des Baukörpers ver-
legt - organisch den topographischen Gegebenheiten an. Mit dem benachbarten his-
torischen Gebäude und Baudenkmal Schloß Broich, dem sich die Heinrich-Thöne-
Volkshochschule vom gestalterischen Ansatz her als wesensverwandt erweist, bildet
der Baukomplex aus den 1970er Jahren eine harmonische Einheit.
Darüber hinaus bildet die Synthese aus mittelalterlicher und moderner Bebauung an
der Westseite der Bergstraße zusammen mit der gegenüberliegenden Stadthalle, zu
der der Baukörper der Volkshochschule über die Bewegung der Freitreppenanlage
einen Übergang schafft, ein einzigartiges städtebauliches Ensemble, dem hoher
Identitätswert für die Mülheimer Stadtbaukunst und die Stadt selbst zukommt.
Die Heinrich-Thöne-Volkshochschule in Mülheim an der Ruhr ist aus ortshistorischen
Gründen von Bedeutung, da schon die Benennung „Heinrich-Thöne-
Volkshochschule“, für die man sich erst kurz vor der Eröffnung der Institution ent-
schieden hatte, gänzlich im Kontext Mülheimer Geschichte steht, die sukzessive
Demokratisierung des politischen Lebens in den Nachkriegsjahren dokumentiert und
programmatisch für die Bildung demokratischer Strukturen in der Bundesrepublik
Deutschland ist.
Als der Bauantrag 1974 eingereicht wurde, lautete die Bezeichnung des Bauprojek-
tes noch „Haus der Erwachsenenbildung“ (HDE). Erst am 8. März 1979, noch vor
der offiziellen Einweihung am 24. August 1979, wurde der Einrichtung vom Rat der
Stadt der endgültige Name Heinrich-Thöne-Volkshochschule verliehen.
Der Name erinnert an den ehemaligen Oberbürgermeister von Mülheim Heinrich
Thöne. Er wurde am 28. November 1890 als Sohn eines Zollbeamten in Bocholt ge-
boren und erlernte nach dem Besuch der Volksschule den Beruf des Formers. Im
Alter von 17 Jahren wurde er Mitglied der Metallarbeitergewerkschaft, mit 23 Jahren
trat er in die SPD ein. Im gleichen Jahr - 1913 - fand er eine Anstellung bei der
Friedrich Wilhelms-Hütte in Mülheim an der Ruhr, wo er 1921 zum Betriebsrat ge-
wählt wurde und später zum Vorsitzenden dieses Gremiums aufstieg. Von 1922 bis
1929 engagierte er sich als Funktionär des Metallarbeiterverbandes. 1929 wurde er
zum Stadtverordneten sowie Fraktionsführer der SPD gewählt und widmete sich
fortan ganz der Kommunalpolitik. Er gab seinen Beruf als Former auf und wurde
Geschäftsführer des Ortsausschusses der „Freien Gewerkschaft“. Als die SPD unter
seiner Führung im März 1933 den Antrag der Ehrenbürgerschaft Hitlers im Rat der
Stadt ablehnte, wurden er und seine Partei von der politischen Mitwirkung ausge-
schlossen. Als Gewerkschafter und SPD-Funktionär war er in den Jahren von 1933
bis 1945 ein politisch Verfolgter, wurde mehrfach inhaftiert und musste zeitweilig
bei Freunden untertauchen.
Nach dem Ende des NS-Regimes war er Mitglied des Bürgerausschusses (1945) und
wurde 1946 in die von der Militärregierung ernannte Stadtvertretung berufen. Am
13. Oktober 1946 (erste Kommunalwahl nach 1945) wählte man ihn zum Stadtver-
ordneten und Fraktionsvorsitzenden der SPD. Als Bürgermeister fungierte er zu-
nächst als Stellvertreter des damaligen Oberbürgermeisters Wilhelm Diederichs
(CDU), bevor er schließlich am 18. November 1948 selbst zum Stadtoberhaupt ge-
wählt wurde. Dieses Amt bekleidete er fünf Legislaturperioden lang und damit län-
ger als jeder andere Mülheimer Oberbürgermeister.
Zu seinen größten Verdiensten zählen der Wiederaufbau der in Trümmern liegenden
Stadt, die Erweiterung des Sport- und Freizeitangebots, sowie der Ausbau des kultu-
rellen Lebens in Mülheim. Dem Verlust von 10.000 Arbeitsplätzen während der in
Mülheim sehr früh beginnenden Montankrise, begegnete er mit einer ersten Wirt-
schaftsförderung, die vor allem in Richtung Ausbau des Handels zielte.
Heinrich Thöne starb am 12. Juni 1971 in Mülheim an der Ruhr, doch als Namens-
geber der Volkshochschule Mülheim bleibt er den Mülheimern immer noch in Erinne-
rung.
Die in den 1970er Jahren errichtete Heinrich-Thöne-Volkshochschule stellt als Er-
wachsenenbildungsinstitution einen Höhepunkt der bildungspolitischen Aufgabe Er-
wachsenenbildung in Deutschland dar und zeugt von kultureller Kompetenz, die sich
in Gestalt und Struktur der Architektursprache der 1970er Jahre manifestiert.
Die Heinrich-Thöne-Volkshochschule in Mülheim an der Ruhr stellt ein Baudenkmal
im Sinne des § 2 DSchG NW dar, an dessen Erhaltung und Nutzung ein öffentliches
Interesse besteht.
Quellen und Literatur:
Akte Bauaufsicht Stadt Mülheim a. d. Ruhr, Bergstr. 1-3
Franz Pöggler, Neue Häuser der Erwachsenenbildung. Ratingen 1959
Norbert F. B. Greger, In historischer Umgebung neues Leben: Volkshochschule.
Gründung – Entwicklung – Bedarf und Angebot im Wandel der Zeit. In: Mülheim an
der Ruhr, Jahrbuch 1976, S. 57-67
Mülheim an der Ruhr, illustrierter stadtspiegel, august 1979, S. 2-5
Heinrich-Thöne-Volkshochschule der Stadt Mülheim an der Ruhr, 24. August 1979,
S. 1-23 Zur Eröffnung der VHS MH am 24.08.1979
Jubiläum – 75 Jahre Volkshochschule 1919-1994
Die Heinrich-Thöne-Volkshochschule wird 90 – VHS-Geschichte(n)
Volker Otto, Klaus Sentzky, Volkshochschule in der Großstadt. Dokumentationen zur
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Jürgen Pahl, Architekturtheorie des 20. Jahrhunderts. München, London, New York
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Franz-Josef Jelich, „Besonders in den Volksschulen ist die Bestuhlung für Erwachse-
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Ralf Lange, Architektur und Städtebau der sechziger Jahre. Planen und Bauen in der
Bundesrepublik und der DDR von 1960 bis 1975. Schriftenreihe des Deutschen Nati-
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Wiesbaden 2012
Klötze und Plätze – Wege zu einem neuen Bewusstsein für Großbauten der 1960er
und 1970er Jahre. Bonn 2012
Im Auftrag
Dr. Sabina Gierschner
Oberkonservatorin